Gut 25 Jahre Umweg brauchte es, bis aus der Idee des Jungen Wirklichkeit wurde – ein Umweg, der sich gelohnt hat. Denn trotz einiger Stolpersteine und dank seiner ausgeprägten Willenskraft gelangte er über das Kochhandwerk schließlich zu seinem Ziel. Inzwischen genießt Stevan Paul hohes Ansehen als Kochbuch-Autor und freier Foodjournalist.
Dabei war das Kochen selbst nicht nur Mittel zum Zweck, sondern vielmehr eine ausgeprägte Leidenschaft, die ihm förmlich in die Wiege gelegt wurde. Einer der Stammplätze des jungen Stevan Paul war ein Barhocker in der Küche seiner Mutter. Sie sah eine besonders sinnvolle Beschäftigung für ihre Kinder darin, sie in die Küchenarbeit einzubinden. Also verbrachte er sehr viel Zeit mit Zuschauen, ‚Mitschnippeln‘ und natürlich Naschen. „Kochen war ein ganz zentrales Thema bei uns. Es wurde immer gekocht, es wurden ständig Kochbücher gewälzt. Und alle – wir waren drei Kinder zu Hause – durften mitentscheiden, was gegessen wurde.“ Es gab sogar ein kleines Ringbuch, in das alle Kinder nach dem Essen eine Beurteilung der jeweiligen Speisen abgeben konnten. „Also jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten. Die Kleinsten haben Blümchen gezeichnet, ein, zwei oder drei Blümchen. Ich war der Älteste und konnte schon schreiben.“ Dabei kamen viele Gerichte sehr gut, andere weniger gut weg. So zum Beispiel Grünkernküchle: „Ist Mist, brauchen wir nicht mehr.“ Das Ringbuch gibt es heute noch.
Seine Liebe zum Kochen führte Stevan Paul 1988 nach seiner Schulzeit in die Ausbildung zu Albert Bouley in seiner Heimatstadt Ravensburg. Der hochbewertete Sternekoch entwickelte sich schnell zu einem geschätzten Vorbild und einer sehr prägenden Persönlichkeit in Stevan Pauls Leben. „Ein toller Mensch, ein Feingeist, ein Denker, für den Kochen eine hoch intellektuelle Geschichte war.“ Albert Bouley galt unter anderem als Pionier der euroasiatischen Küche. „Das heißt, ich habe 1988 meine Lehre begonnen und damals schon mit Wasabi gearbeitet, mit verschiedenen Miso Pasten, mit Sojasoße. Das war damals eine Sensation.“ Hier begann auch Stevan Pauls große Leidenschaft für Japan und die Landesküche, die er 30 Jahre später in einem seiner Kochbuch-Bestseller „Meine japanische Küche“ manifestierte.
Die anschließenden Wanderjahre durch verschiedene Sterneküchen waren sehr ernüchternd, teilweise sogar schockierend für Stevan Paul und gaben ihm schließlich den Anstoß, Mitte der 90er Jahre den Kochlöffel an den Nagel zu hängen. „Es flogen Töpfe, es wurde gebrüllt. Nach meiner Schule bei Albert Bouley dachte ich, Kochen sei tatsächlich immer eine intellektuelle Angelegenheit, die von Feinheit durchdrungen ist.“ Ein großer Irrtum, wie sich für ihn leider herausstellte „Bis heute habe ich nicht verstanden, wie man so grob sein kann in Wort und Tat und doch so filigrane Kunstwerke auf einen Teller bringen kann.“ Eine Kultur, die zum Glück Vergangenheit ist. „Wir haben heute eine ganz tolle neue Generation von Köchinnen und Köchen, die sehr aufgeschlossen sind, gern im Team arbeiten und sich vor allem dem Gast verpflichtet sehen, weniger dem Bewertungssystem.“
Ein Praktikum für die Zeitschrift „essen & trinken“ bei Gruner + Jahr in Hamburg, nach wie vor Stevan Pauls Wahlheimat, legte schließlich den entscheidenden Meilenstein für seine journalistische Karriere. Aus dem Praktikum wurde schnell ein festes Engagement, für das er den Kochlöffel gern wieder in die Hand nahm. Denn er erhielt die Chance, sich als ‚Versuchskoch mit Redakteursvertrag‘ zu qualifizieren. Dafür musste er eine Woche lang kulinarische Köstlichkeiten auf den Tisch der großen Verlegerpersönlichkeit Angelika Jahr zaubern, eine weitere prägende Figur in seinem Leben. „Eine wunderbare Frau, der ich sehr viel zu verdanken habe. Sie hat viel gefordert, aber auch viel gefördert.“ In den fünf Jahren seiner Verlagstätigkeit konnte er die ganze kulinarische Welt bereisen. Lediglich seinen Drang zu schreiben ließ man ihn nicht ausleben, worunter er sehr litt. „Der Koch soll doch bitte bei seinen Töpfen bleiben“, so die Auffassung der Verleger und der Redaktion. Da war er 30 und entschied sich, erneut weiterzuziehen. Neun intensive Jahre später, in denen sich Stevan Paul als freier Foodstylist und durch seine literarische Lesereihe „Kaffee.Satz.Lesen – der Sonntagssalon für neue Literatur“ einen Namen machte, war 2009 die Zeit für sein erstes Buch „Monsieur, der Hummer und ich – Erzählungen vom Kochen“ gekommen und damit endlich auch der Durchbruch zur Erfüllung seines langgehegten Kindheitstraums.
Erfahren Sie hier mehr über Stevan Paul www.stevanpaul.de
Titelbild: Daniela Haug/Brandstätter Verlag