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Vielleicht waren es tatsächlich nur drei Dinge, die die Schriftstellerin Joan Didion in ihrem Leben wirklich brauchte: das Schreiben, die Familie und das Kochen. Jeden Nachmittag um vier mixte sie sich einen Drink, setzte sich an ihren Küchentisch und las die Seiten, die sie tagsüber geschrieben hatte. Danach widmete sie sich den Dinner-Vorbereitungen.

Die Schriftstellerin Joan Didion zu sehen auf einer Aufnahme von Julian Wasser

Legendäre Dinnerpartys als Inspiration für ihre Bücher

Wer damals in den wilden 60er und 70er Jahren bei ihr und ihrem Mann, dem Autor John Gregory Dunne, eingeladen war, gehörte zum inneren Kreis der Entertainmentwelt. Die beiden Autoren schrieben Drehbücher und galten lange Zeit als das It-Couple Hollywoods. Schauspielerin Natalie Wood kam zum Essen, genauso Regisseur Tony Richardson oder die Band „The Mamas and the Papas“. Politiker, Journalisten, Intellektuelle und egomanische Hollywoodstars speisten die ganze Nacht hindurch – damals eine Seltenheit im früh zu Bett gehenden Los Angeles.

Die Kraft ihrer legendären Dinnerpartys und Kochnächte erwuchs vor allem aus der perfekten Arbeitsteilung. Joan und John hatten ihre Rollen bestens im Griff. Der Ehemann fungierte als Meister der Konversation und lenkte am Tisch die Gespräche. Joan stand unterdessen in der Küche und bereitete die Speisen zu. Danach saß sie meist schweigend zwischen den Hollywoodstars – sie nutzte die Gesellschaften als Inspirationsquelle und sammelte im Geiste Material für ihre Bücher.

Das Ehepaar Joan Didion und Gregory Dunne die gemeinsam eine Allianz zweier unabhängiger, ambitionierter Freigeister bildeten.
Didion in ihrer Küche, in der sie jeden Abend bodenständige Gericht für ihre vielfältigen Gäste kochte

Hühnerragout für Patty Smith, gebackener Schinken für Richard Roth

Joan Didion hatte ein unfehlbares Gespür, was es für wen zu kochen galt: Für Rockpoetin Patty Smith eher etwas Leichtes, wie Hühnerragout mit gelber Paprika und Baguette, für Richard Roth, den Produzenten von „Manhunter“ und „Blue Velvet“ eher Bodenständiges, wie gebackenen Schinken mit Krautsalat. Im Herbst tischte Joan Didion am liebsten den von Autorin Nora Ephron so geschätzten Borschtsch auf. Oder Gumbo. Oder Erbsensuppe. Egal, was die Schriftstellerin kochte: Es galt als Siegel der Coolness, an Didions Esstisch geladen zu sein.

Joan Didion in ihrem Wohnzimmer in Los Angeles in den 70er Jahren.

Der gute Geschmack von Macht

Über all die Jahre hat das Autorenpaar Didion und Dunne gemeinsam daran gearbeitet, den Begriff „Powerlunch“ neu zu definieren und mit einer simplen Mahlzeit die Machtverhältnisse umzukehren. Das galt vor allem für Joan Didions Spezial-Lunch: kalte Lauchsuppe, Antipasti, Baguette und Weißwein. „Die Mittagessen“, so schildert es Dunne, „waren so zusammengestellt, dass sie auf eines hinweisen sollten: Man befand sich bei uns, auf unserem Territorium. Es würde als unhöflich empfunden werden, wenn ein Gast gegen unsere Regeln verstieße. Wir waren also nicht mehr Angestellte dieser Leute, wir waren ihre Gastgeber.“

Somit waren die Einladungen, die Joan Didion und John Gregory Dunne aussprachen, auch immer bewusste Inszenierungen und boten dem Autorenpaar zugleich die einmalige Chance, Hollywoods Powerplayern zu zeigen, wie Macht funktioniert und wie sie im wahrsten Sinne des Wortes schmeckt.